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Der Geist des Rheingaus

Q2 bei „Woyzeck“ nach Georg Büchner

Am Montag, den 28. Juni 2021 machte sich der Deutsch-Grundkurs von Frau Konschak und der Deutsch-Leistungskurs von Frau Wolfgang auf den Weg in die Wartburg nach Wiesbaden, wo das Junge Staatstheater innerhalb von 60 Minuten sein Können zur Schau stellte.

Das Dramenfragment „Woyzeck“ wurde zuvor von den Schülerïnnen der Q2 im Unterricht behandelt und bis ins Detail analysiert und interpretiert. Zum Thema „soziales Drama und politisches Theater“ wurde Georg Büchner in seine Zeit eingeordnet und als Autor im Widerstand beschrieben. In seinem bekanntesten Drama klagt er die Missstände und Ungerechtigkeiten der Gesellschaft an. Mit dem gleichnamigen Protagonisten wird deutlich, dass sich die Menschen am untersten Ende der Gesellschaftsordnung des 19. Jahrhunderts Schikanen des Adels sowie des aufkommenden Bildungsbürgertums eher gefallen lassen mussten, als sie - augenscheinlich - ertragen konnten. Woyzeck, der als Soldat und gelegentlich als „Mädchen für alles“ arbeitet, versucht sich sowie seine Freundin Marie und sein uneheliches Kind Christian mit verschiedenen Tätigkeiten zu versorgen. Um zusätzliches Einkommen zu generieren, wird er sogar zum Versuchsobjekt des Doktors und nimmt an einem Experiment teil, bei dem er sich über einen längeren Zeitraum nur noch von Erbsen ernährt, was bei ihm körperliche Beschwerden sowie Halluzinationen auslöst. Das Stück gipfelt mit Woyzecks Mord der untreu gewordenen Marie.

Die vier jungen Schauspieler, Lukas Schrenk, Lena Hilsdorf, Paul Simon und Noah L. Perktold, spielen ihre Rollen präzise, mit modernem Ton und vergessen dabei keineswegs die Vorlage Büchners.

Die neuzeitlichen Musik-Beats beispielsweise verleihen dem Stück eine erfrischende Komponente. In der „White Boxx“ werden die Szenen frei angeordnet, wobei die Inszenierung des Staatstheaters an die Szenenabfolge Lehmanns angelehnt ist. Nach jeder Szene wurde der Raum abgedunkelt, wodurch klar wurde, dass eine neue „Qual“ in Woyzecks Leben beginnt. Durch zusätzliche Videos und Toneinspielungen über Lautsprecher, welche im Raum verteilt waren, wurde die „aberratio mentalis partials“, das wahnhafte Verhalten Woyzecks, für die Besucherïnnen deutlich. Ebenso waren die Kostümierungen exotisch, modern und keinesfalls geschlechtsspezifisch gewählt. Vor allem Lena Hilsdorf überzeugte in ihrer Doppelrolle als Marie und als Doktor durch ihre ausdrucksstarke Mimik und ihre schauspielerische Authentizität in den beiden Rollen.

Die Inszenierung nach Marlene A. Schäfer zeigt die Geschichte, die an den wahren Mord von Johann Christian Woyzeck angelehnt ist, der im Jahre 1824 zum Tode verurteilt wurde. Diese historische Vorlage wurde genutzt, um Büchners literarische Umsetzung zu rahmen. Darüber hinaus wurden schauspielerische Probleme, wie die komplizierte Umsetzung der Erstechung Maries, geschickt gelöst. Statt Marie zu erstechen, wurde sie von Woyzeck erstickt, wobei die Inszenierung weitere Interpretationsmöglichkeiten offen lässt. Durch die Darstellung der unterschiedlichen Rollen, welche von den gleichen Schauspielerïnnen verkörpert wurden, wird gezeigt: Büchner ging es nicht um die Darstellung einzelner Persönlichkeiten, sondern um das typische Verhalten verschiedener Stereotypen.

Schlussendlich lässt sich sagen, dass der Ausflug in die „White Boxx“ ein gelungener war, der den Schülerïnnen und den begleiteten Lehrkräften durchaus zugesagt hat. Die Inszenierung wurde überwiegend positiv bewertet, wobei oft betont wurde, dass die Visualisierungen „Woyzecks“ zum Verständnis beigetragen haben. Das Theaterstück ist eine geglückte Verbildlichung des Stoffes und eine hervorragende Alternative zu den bereits behandelten Verfilmungen.

Ein erfolgreicher Abschluss für diese Unterrichtseinheit!

Vielen Dank an die Schauspielerïnnen und das Team des Staatstheaters, dass wir diese Vorstellung trotz der coronabedingten Organisationsschwierigkeiten besuchen durften!

Cara Waldeck und Louisa Bibo (Deutsch-LK Q2/Frau Wolfgang)

Sekretariat

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